Schwerpunkt: „Ökonomisierung“ der „Szenen“ vs. „Akademisierung“ der wieder atomisierten Musiker*innen?
Zehn Jahre später meinte das immer noch, diesmal noch abschätziger, verwendete Schlagwort von der „Professionalisierung“ etwas anderes: Die Dritte Pop-Dekadentagung war geprägt vom engen Kontakt zwischen Musikern und der Medienwirtschaft – im Großen wie im Kleinen.
Mittlerweile war mit indigo ein auch finanziell starker Label-, Vertriebs- und Produktionsverbund geschaffen worden. Es wurde längst nicht mehr nur über lokale Probenräume für Bands geredet, sondern über die aufkommenden Video-Abspielsender Viva und MTV.
Nach der anfangs bekämpften „Pädagogisierung“ der bundesdeutschen Pop-Kultur stand nun die angeblich drohende „Ökonomisierung“ im Vordergrund der nicht-öffentlichen Debatte im Konservatorium Blankenese. Skeptiker wie der frühere Rattles-Bassist und spätere Musikproduzent Frank Dostal und Uve Mülrich (ehemals Bassist bei Embryo und seinerzeit gerade in Nordafrika, New York und Japan erfolgreich bei den Dissidenten) sorgten sich um nun doch wieder um „kulturpolitische“ Fragen, wie sie 1979 bereits anklangen: Wie könnte beispielsweise in Kommunen und Ländern eine nicht-kommerzielle Infrastruktur für Musiker gestützt werden, zumal die Szenen offenkundig krasser denn je zuvor sozial gespalten waren, nämlich in eine laienhafte Mehrheit und eine kleine, professionelle Minderheit aus den immer noch wenigen erfolgreichen Produktionszusammenhängen?
Plötzlich stand eine „Modernisierung“ der Jugendmusikschulen auf der Themen-Agenda und die Etablierung von „Popmusikstudiengängen“, die mit der Einrichtung des Modellversuchs Popularmusik unmittelbar nach der Würzburger Tagung 1979 begonnen hatte und sich dann 2002 mit Gründung der Pop-Akademie in Mannheim fortsetzen sollte, teils mit den gleichen Akteuren.